Rezepte gegen die Angst – Bilderfasten

Ich hatte das große Privileg, in meiner Studienzeit im Jahr 1980/81 die hervorragende japanische Logikerin Hide Ishiguro vom University College London als persönliche Tutorin zugeteilt zu bekommen. Ich musste mit meinem Kollegen wechselweise Texte lesen und dazu Kurzreferate vorbereiten. Einmal erzählte sie uns eine Geschichte, die mir hängenblieb: Als in Japan durch europäische Händler im 16. Jahrhundert Feuerwaffen eingeführt wurden, veränderte sich das Kriegswesen. Einige Schlachten waren so brutal – etwa die, die in Akira Kurosowas Film Kagemusha erzählt wird – dass Japan sich mindestens für eine kurze Zeit darauf einigte, die Feuerwaffen zu bannen. Das ist ein interessantes historisches Beispiel dafür, dass eine vermeintlich unumgängliche technologische Revolution rückgängig gemacht werden kann, weil man verstanden hat, dass sie verheerende Folgen hat. Wir wissen, dass das leider nicht auf Dauer war. Aber es ist möglich.

Kann eine vermeintlich unumgängliche technologische Revolution rückgängig gemacht werden?

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Das Christentum ist eine Erfahrungsreligion

Religionswissenschaftler ordnen das Christentum, zusammen mit Islam und Judentum, den Buch- oder Offenbarungsreligionen zu. Damit meinen sie: diese Religionen stützen sich auf Offenbarungen, die angeblich von Gott stammen und in heiligen Büchern von Propheten oder Religionsgründern niedergeschrieben sind. An diese Offenbarungen muss man „glauben“, damit man zum Heil kommt oder dazugehört. Ich halte das für eine Verkennung der Tatsachen. Christentum ist eine Erfahrungsreligion (wie im Übrigen vermutlich auch die anderen beiden Religionen, zumindest im Kern und im Ursprung; aber da ich sie zu wenig kenne, will ich mich dazu nicht äußern). Sie beruht auf – inneren und äußeren – Erfahrungen der Gründer des Christentums und all jener, die zu seiner Verbreitung und Veränderung, seiner Gestaltung und Auswirkung beigetragen haben.

Karl Rahner hat dies klar gesehen und prophezeit, dass der Christ der Zukunft ein Mystiker sein werde oder gar nicht mehr existieren würde. Dies zeigt uns die Brücke: Mystiker sind Menschen, die über ihre innere Erfahrung Zugang zu einer Wirklichkeit erlangen, die vor unser aller Augen liegt, die aber den meisten nicht auffällt, weil sie zu sehr mit sich selber oder mit irgendwelchen Ideen beschäftigt sind. Diese Erfahrung interpretieren sie dann – notgedrungen, denn wir können nicht umhin, unsere Erfahrungen zu interpretieren – und zwar meistens im Rahmen der Bilder und Motive, die sie aus ihrer Kultur, Erziehung und Zeit her kennen. Wenn Rahner meint, der Christ der Zukunft – also alle Christen – müssten Mystiker werden, so meint er damit: Christen müssen, wenn sie in einer zukünftigen Welt Bestand haben wollen, ihre Religion von innen her, also durch eigene Erfahrung nachvollziehen. Oder anders ausgedrückt: Sie müssen sich selber um innere Erfahrung bemühen oder sich ihr öffnen, damit sie ihre Religion besser verstehen und sie von innen heraus beleben können.

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Video-Dokumentation des Symposiums „Weniger ist mehr“

Ein volles Haus von Besuchern hatte unser Symposium angezogen, das kurz vor Pfingsten, am 22. Mai 2015, in der Berliner Repräsentanz der Bosch-Stiftung – mit freundlicher Unterstützung der Carl und Veronica Carstens Stiftung – stattfand. Gastgeber war Prof. Robert Jütte, Leiter des Institut der Geschichte der Medizin (IGM) der Robert-Bosch-Stiftung in Stuttgart. Er organisierte zusammen … Weiterlesen

Von der Kunst nichts zu tun – Einige Gedanken und eine Einladung zu einem Symposion

Wir veranstalten am 22. Mai 2015, einem Freitag Nachmittag, in den Räumen der Berliner Repräsentanz der Robert-Bosch-Stiftung mit Unterstützung der Carstens-Stiftung ein Symposion, in dem wir den Fragen, die ich hier anschneide, nachgehen wollen: Ist im medizinischen Kontext – und vielleicht auch anderswo – Nicht-Handeln vielleicht manchmal sogar besser als Handeln und Intervenieren? Wie kommt es, dass wir uns überhaupt diese Frage stellen und stellen müssen? Und warum fällt es uns so schwer? Das Symposion ist frei und für alle zugänglich, allerdings ist eine Anmeldung nötig, der Einladungsflyer dient dann als Eintrittskarte.

Peter C. Gøtzsche, dessen Buch „Deadly Medicines“ ich vor einer Weile besprochen habe und das jetzt auch auf Deutsch vorliegt eröffnet den Reigen. Er vertritt ja bekanntlich die These, dass wir über die meisten Medikamente viel zu wenig wissen, dass die wenigsten wirklich effektiv sind und die meisten zu viele Nebenwirkungen haben, so dass Nebenwirkungen von Medikamenten mittlerweile die Todesursache Nummer 3 in den westlichen Ländern seien.

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Komplementärmedizin in der Gesundheitsversorgung Europas

Vor kurzem habe ich eine eintägige Konferenz im Europa-Parlament in Brüssel moderiert, bei der einige Fakten und Fragen zur Komplementärmedizin in der Gesundheitsversorgung Europas Thema waren (http://epha.org/a/5387). Hier sind ein paar Eindrücke, Marksteine und Gedanken.

Das Bemerkenswerte war für mich, dass wir, nach bald 20 Jahren von Gesprächen und Kontaktaufnahmen mit der EU-Kommission und mit Vertretern im Parlament, nun das Ohr von drei Parlamentariern hatten, die die Konferenz als Gastgeber organisierten und damit im Parlament ansiedeln konnten. Frau Pietikäinen aus Finnland, Frau Antonescu aus Rumänien und Herr Peterle aus Slovenien richteten die Tagung aus. John Dalli, der damals noch Gesundheitskommissar war, liess den Versammelten eine Video-Grussbotschaft zukommen.

So viel offenkundige Unterstützung für die Komplementärmedizin gab es in Europa noch nie.

In Kürze erscheint die Sondernummer zum ersten europaweiten Forschungsprojekt „CAMbrella“ (www.cambrella.eu) der „Forschenden Komplementärmedizin“ (www.karger.com/fok), der Zeitschrift, die ich herausgebe. „CAMbrella“ wurde auch nochmals auf dieser Tagung vorgestellt und wird am 29.11.2012 in Brüssel die Ergebenisse präsentieren. Ich habe zu „CAMbrella“ ein Editorial geschrieben, in dem ich die Geschichte der Bemühungen kurz schildere. Zwei Einzelprojekte wurden bislang aus Brüsseler Etat gefördert. Jetzt, im 7. Rahmenprogramm, gibt es zum ersten Mal eine konzertierte Aktion.

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