Mein Wunschzettel für den neuen Gesundheitsminister

Wenn wir jetzt endlich mal eine neue Regierung kriegen, besteht vielleicht auch die Chance auf einen begrenzt-alternativlosen revolutionären Neuanfang. In diesem Sinne dachte ich mir, es ist gut, wenn ich unserem neuen Gesundheitsminister einen kleinen Wunschzettel überreiche im Namen all derer, die keinen Blog haben.

Ich habe neulich auf einer Tagung gelernt: bei jedem Medikament und jedem Medizinprodukt, das in Deutschland verkauft wird, und das sind ungefähr 300 Milliarden Euro oder etwas mehr, verdient der Staat 19% durch die Mehrwertsteuer, die aufgerechnet wird. Das sind also knapp 60 Milliarden. Die verschwinden wohl im Moment im Säckel des Finanzministers auf nimmer Wiedersehen und finanzieren milde Gaben für die Autoindustrie, Darlehen für irgendwelche Bürgschaften etc.

Ich finde, und das wäre mein Wunsch Nr 1:

Mehrwertsteuer auf Medizinprodukte im Gesundheitssystem lassen und langfristig abschaffen

Das Gesundheitsministerium sollte sich dafür stark machen, dass diese Mehrwertsteuer abgeschafft wird. Denn wenn der Staat kein Interesse mehr daran hat, dass im Gesundheitswesen viel umgesetzt wird, ist auch ein Wandel von einem interventionslastigen Krankheitsapparat hin zu einem präventionsbetonten Gesundheitsapparat politisch leichter. Ein erster Schritt auf diesem zugegebenermaßen schwierigen Weg durch eine politische Wüste Gobi des Verzichtes wäre es, das Geld festzuschreiben für präventive Aufgaben.

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Peter Gøtzsches Psychiatriekritik: Tödliche Psychopharmaka

Vor einiger Zeit habe ich Peter Gøtzsches Buch „Deadly Medicine“ ausführlich besprochen, das es seit geraumer Zeit auch auf Deutsch gibt. Darin hatte Peter Gøtzsche, der Leiter des Nordischen Cochrane Centers in Kopenhagen, den Grundgedanken ausgebreitet, dass die Pharmaindustrie sich verhält wie die Mafia, nur dass sie mit den Nebenwirkungen ihrer Medikamente mehr Menschen tötet als die Mafia.

Sein neues Buch, „Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen“ nimmt nun vor allem Psychopharmaka unter die Lupe und belegt an einer Fülle von Literaturzitaten, dass es um die Wirksamkeit der Psychopharmaka weniger gut bestellt ist, als man gemeinhin glaubt.

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Stickoxid, Feinstaub, Dieselabgase – die Erkenntnisse einer neuen Studie

Manchmal hat das Universum, finde ich, einen skurrilen Humor. Justament zu dem Zeitpunkt, zu dem bekannt wird, dass die deutschen Autobauer Tierversuche gemacht haben, um die vermeintliche Unschädlichkeit von Dieselabgasen zu beweisen, publiziert Lancet, eines der renommiertesten Medizinjournale, die allererste, experimentelle (!) Untersuchung an Menschen, die sich – wie wir alle in Städten – freiwillig (!!) den Dieselabgasen des Verkehrs in der Oxford Street ausgesetzt haben [1] Dabei untersuchten die Forscher, welche Auswirkungen das Einatmen der Dieselabgase (Stickoxid, Feinstäube), des Gummiabriebs und des Lärms auf Symptome, Lungenfunktion und Gefäßwiderstand hat und verglichen diese Situation mit einem langen Spaziergang im Hydepark.

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Glyphosat und andere unbekannte Grössen

Das Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zur Unbedenklichkeit von Glyphosat sei zu großen Teilen von den Herstellerangaben plagiiert worden, schreibt die Zeitung „Tagesspiegel“ vom 6.10.17. Was das genau bedeutet, stand nicht drin. Wenn nämlich z.B. faktische Informationen wie die Zusammensetzung etc. kopiert worden sind, ist das ja nicht weiter tragisch. Aber ich gehe mal davon aus, dass auch Bewertungs- und Risikoinformationen zu den kopierten Inhalten gehören. Das BfR teilt auf seiner Webseite mit, das sei normale Praxis.

Ich nehme diese kleine Randnotiz (Achtelspalte im Wirtschaftsteil) aber zum Anlass, um auf eine andere Information hinzuweisen, die mich kürzlich erreicht hat. Es handelt sich um einen schon etwas älteren Artikel, den Swanson und Kollegen 2014 in einem randständigen Journal, ohne Digital Object Identifyer (DOI) publiziert haben [1]. Dass der Aufsatz in diesem Journal erscheint und nicht in einem größeren, kann mehrere Ursachen haben: Entweder die Autoren wollen die Assoziation unterstützen, die das Journal produziert, die non-profit Organisation „Center for Agriculture and Biosciences International“ (CABI); oder die Information ist viel zu heiss für andere Journals; oder die Autoren haben etwas falsch gemacht oder nicht gut genug ausgewertet oder sind Gutachterwünschen von anderen Journals nicht nachgekommen; oder aber sie hatten keine Lust sich den Mühen des wissenschaftlichen Publizierens zu unterziehen.

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