Wie ein Shitstorm entsteht – Sylvain Gouguenheim, Aristoteles, Tabus und die Blogosphäre

Über die Weihnachtstage habe ich einem meiner wissenschaftlichen Hobbys gefrönt und ein Buch gelesen, das schon ein halbes Jahr auf meinem Schreibtisch lag: das spannende Buch von Sylvain Gouguenheim, einem französischen Mittelalterforscher aus Lyon „Aristoteles auf dem Mont Saint-Michel“ [1]. Ich habe mich ja durch die Arbeit an „meinem“ mittelalterlichen Mystiker Hugo de Balma ziemlich intensiv mit der Scholastik und damit auch mit der Überlieferung des Aristoteles im Mittelalter beschäftigt [2-5] und daher hat es mich naturgemäß sehr interessiert zu hören, was es hier an neuen Erkenntnissen gibt.

Gouguenheim zeigt, dass es das ganze Mittelalter hindurch Übersetzungen von Aristoteles gegeben hat

Die Standardmeinung ist ja, kurzgefaßt: Aristoteles war dem lateinischen Mittelalter bis auf wenige Textausschnitte unbekannt und kam erst langsam durch Übersetzungen, zunächst aus dem Arabischen, vermittelt durch Übersetzerschulen in Toledo aber auch in Sizilien und Neapel, wieder ins Bewusstsein der Gebildeten. Hier kommt nun ein Buch, das relativ schlüssig belegt, dass diese Sicht der Dinge falsch ist, zumindest in dieser Ausschließlichkeit. Gouguenheim zeigt, dass es das ganze Mittelalter hindurch Übersetzungen von Aristoteles gegeben hat, dass schon im 12. Jahrhundert, also fast zwei Generationen bevor die Übersetzungen aus dem Arabischen eintreffen, andere Übersetzungen vorliegen und damit der gesamte Aristoteles bekannt war.

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Mausetot durch Homöopathie!? Edzard Ernst und der große Killer „Nix“

Edzard Ernst gilt als der weltweit erste Professor für Komplementär- und Alternativmedizin. Auf jeden Fall ist er der Erste, der mehr systematische Überblicksarbeiten geschrieben hat, als ein durchschnittlicher Wissenschaftler in seiner Laufbahn je lesen wird. Ob er sie nur geschrieben, oder auch gelesen hat, darüber sind sich nicht alle Fachleute einig, aber publiziert hat er jedenfalls ganz viele. Ob sie genuin sind, also nicht einfach Klone mit ein und der gleichen genetischen Matrix, daran ist schon sehr ernsthaft gezweifelt worden (1).

Jawohl. Sie haben richtig gehört: richtige tödliche Nebenwirkungen hat sie, die Homöopathie. (Sagt Edzard Ernst)

Jetzt hat er, genauer vielleicht seine Fellows oder Doktoranden, wieder so einen Review geschrieben, nämlich darüber, wie schlimm die Homöopathie ist. Sie bringe nämlich Leute um (2). Jawohl. Sie haben richtig gehört: richtige tödliche Nebenwirkungen hat sie, die Homöopathie. Es ist zwar nix drin in ihr. Aber in der Postmoderne kann man auch mit Nix Leute umbringen. Man braucht nur ausreichend viel Nix zu geben. Oder statt etwas tun, nix tun, Nix C1000 wäre ja tausend mal nix zu tun. Oder Nix 10M wäre 10.000 mal nix zu tun, also richtig viel nix tun, ist ja dann so, als hätte man nicht nur nix, sondern rein gar nix getan, und daran sterben die Leute, oder so.

Aber jetzt mal Spass beiseite:

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Erkenntnistheorie der ersten Person – Subjektivität und Spiritualität in der Wissenschaft

Autoren: Dr. Nikolaus von Stillfried, Prof. Dr. Dr. Harald Walach Aus „Tattva Viveka“ Ausgabe Nr: 53 Können sich Leib und Seele nun endlich die Hand geben? Nikolaus von Stillfried und Harald Walach zeigen den Weg der Geistes- und Wissenschaftsgeschichte bis hin zum aktuellen noch materialistischen Welt- und Wissenschaftsverständnis auf. Der Untersuchungsgegenstand muss von seiner reinen … Weiterlesen

Wenn die Wahrheit Federn lässt – Symposion über den „Decline Effect“

Ein paar Gedanken zu einem spannenden Symposion über den „Decline Effect“, einem erstaunlichen Phänomen, das in letzter Zeit die Runde macht. Der New Yorker publizierte Ende 2010 einen Bericht unter dem Titel „The truth wears off“, frei übersetzt: „Wenn die Wahrheit Federn lässt“, über die Forschungen des Kognitionspsychologen Jonathan Schooler, der in Santa Barbara lehrt, früher in Vancouver war, und der eine Serie hervorragend kontrollierter Präkognitionsexperimente gemacht hatte. Auf der Tagung vor 5 Jahren in Santa Barbara hatte ich ihm vorausgesagt: wenn er seine Präkognitionsexperimente, wie geplant, mehrfach wiederholen würde, dann würden die Effekte verschwinden und sich womöglich gar umkehren; das ergibt sich aus unserem Modell (1,2). Er wiederholte die Experimente, und siehe da, der Effekt verschwand.

Zweieinhalb Tage kamen Fachleute unterschiedlicher Disziplinen bei einem Symposion zum Decline-Effect in Santa Barbara, USA zusammen.

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Heiße Luft von Markus C. Schulte von Drach

Das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass die Komplementärmedizin, die Homöopathie zumal, so wichtig ist, dass die SZ online ihr gleich zwei Seiten widmet (*), um eine weitere Ausbreitung der Unheilslehre zu verhindern. Ich dachte, nach allem was man in den letzten Jahren so lesen konnte, sie wäre tot, wissenschaftlich erledigt und ohnedies nur von Randständigen benützt, von Unverbesserlichen und irrationalen Esoterikern, deren es ja nur ganz wenige in unserer aufgeklärten Welt gibt. Weit gefehlt. Anscheinend ist die Gefahr, dass die Welt von der „Wahnsinnslehre Komplementärmedizin“ in den irrationalen Abgrund gezogen wird so groß, dass man richtig ins Horn blasen muß, um die Geister der Vernunft zu den Fahnen zu rufen.

Das hätte ich jetzt nicht gedacht, dass die Komplementärmedizin, die Homöopathie zumal, so wichtig ist, dass die SZ online ihr gleich zwei Seiten widmet

Was ist geschehen? In Zürich wird gerade der Lehrstuhl für Naturheilkunde neu vergeben. Er war vom Zürcher Volk vor vielen Jahren geschaffen und seit dieser Zeit von Prof. Reinhard Saller, einem kenntnisreichen Phytotherapie-Forscher und Arzt besetzt. Dass dieses Wirken segensreich war und die Stelle daher weiterbestehen sollte, stellte offenbar eine Strukturkommission fest, so dass sie wieder ausgeschrieben wurde. Dazu gab es ein offizielles Ausschreibungsverfahren, eine ganz Reihe von Bewerbern, von denen fünf ausgewählt und eingeladen wurden öffentlich und intern vor der Kommission ihre Forschungen und Vorstellungen vorzutragen. Soweit ein ganz gewöhnlicher Vorgang.

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