Wie kommen wir zu Werten und Wertentscheidungen? Warum wir (unter anderem) eine Kultur des Geistes brauchen

Zusammenfassung eines Vortrages gehalten am 22.Mai 2014 anlässlich des 30. jährigen Bestehens der Oberbergkliniken auf dem Symposion „Psychosomatik 2020“ in Berlin.

Es ist eine Binsenweisheit: jede Handlung enthält eine Wertentscheidung. Wenn wir uns entscheiden Zeitung zu lesen, statt mit unseren Kindern zu spielen oder mit unserer Partnerin zu reden, so geben wir dem einen – im Moment – den Vorzug vor dem anderen und haben eine Wertentscheidung getroffen. Ohne eine solche Entscheidung funktioniert Handeln nicht. Allerdings wäre es zu kompliziert, dauernd bewusst zu entscheiden, denn wir müssen ja laufend handeln und können es uns nicht leisten, jedes Mal von Neuem zu klären, nach welchem Wert wir vorgehen wollen, oder was uns wichtiger ist. Daher handeln wir meistens nach verinnerlichten Werthierarchien. Wo kommen diese her? Darauf gibt es eine sehr kurze, eine kurze und eine lange Antwort (wenn nicht noch mehr).

Wir handeln meistens nach verinnerlichten Werthierarchien. Wo kommen diese her?

Weiterlesen

Studie: Nur wer sich um sich kümmert, kann sich auch gut um andere kümmern

Ich greife heute eine ganz neue Studie auf, die ich für bemerkenswert halte: West und Kollegen haben in JAMA Internal Medicine, also dem Spezialjournal des Journals of the American Medical Association – früher hiess es „Archives of Internal Medicine“ – gerade eben eine Studie publiziert [1], in der sie untersuchten, wie sich ein Training, das auf das Wohlbefinden der Ärzte ausgerichtet war, auf ihre Zufriedenheit im Beruf und ihre Professionalität auswirkte. Das ist aus verschiedenen Gründen wichtig: Wir wissen aus einer klassischen Studie, dass sich das Mitgefühl und die Fähigkeit sich in andere einzufühlen im Verlaufe des Medizinstudiums drastisch und bedenklich verschlechtern [2]. Junge Medizinstudenten kommen voller Enthusiasmus ins Studium, verlieren ihren Idealismus gründlich und werden dann, wenn es dumm kommt, im Verlaufe ihres Arztberufes immer zynischer und brennen schließlich selber aus. Daher war es schon ein Signal allerersten Ranges, dass das JAMA vor ein paar Jahren eine Studie zu einem Achtsamkeitstraining für Ärzte publizierte, eine der ganz wenigen unkontrollierten Beobachtungsstudien die überhaupt je in diesem Journal publiziert wurden [3], die zeigte, dass durch ein Achtsamkeitstraining diese Dynamik umgedreht werden kann. Auf den Punkt gebracht: wer sich einfühlsam um sich selber kümmert, der wird auch fähig, sich um andere zu kümmern. Das gilt nicht nur für Ärzte, sondern für jedermann, würde ich schätzen.

Junge Medizinstudenten kommen voller Enthusiasmus ins Studium, verlieren ihren Idealismus gründlich und werden dann, wenn es dumm kommt, im Verlaufe ihres Arztberufes immer zynischer und brennen schließlich selber aus.

Weiterlesen

Harald Walach zur Verleihung von „Das Goldene Brett“ 2012

Dankesrede von Harald Walach zur Verleihung von „Das Goldene Brett“

Versammelte Gemeinde, werte Jury,

ich bedanke mich von Herzen für die Ehre, heute diesen bedeutsamen Wissenschaftspreis entgegen nehmen zu dürfen. Der Nobelpreis wäre mir lieber gewesen, das gebe ich offen zu, aber „Das Goldene Brett“ ist die zweitbeste Wahl, kommt der Preis doch von der zweitwichtigsten Kommission zur Beurteilung guter Wissenschaft nach dem Nobelpreiskomitee.

Was mich wirklich bewegt: eine kritische Sichtung der Annahmen, mit denen wir unser derzeitiges Weltbild hochhalten.

Dass Sie mir diese Ehre erweisen, zeigt mir: Meine Botschaft kommt an. Endlich fühle ich mich verstanden, in der Tiefe. Sie haben nämlich als Erste, vielleicht sogar als Einzige, verstanden, was mich wirklich bewegt – und das rührt mich: nämlich eine Erweiterung unseres Begriffes von Rationalität, eine Erweiterung unseres Begriffes von Heilung und eine kritische Sichtung der Annahmen, mit denen wir unser derzeitiges Weltbild hochhalten.

Weiterlesen

„Die Vermessung der Innen-Welt“ – Interview

Ein Gespräch mit Harald Walach über Spiritualität und Wissenschaft in ENLIGHTENNEXT IMPULSE „Deswegen bin ich der Meinung, wir müssen uns dem Thema der Spiritualität widmen, und zwar nicht in einer Form, die zu einem bestimmten Glaubensbekenntnis hin tendiert, sondern als eine neue Form der Erfahrung, die die wissenschaftliche Erfahrung, die wir gut entwickelt haben, ergänzt.“ … Weiterlesen