Lebensstil und Demenz

Regelmässige Leser meines Blogs werden sich erinnern: vor Kurzem erschien das von Martin Loef und mir herausgegebene Buch „Demenz – Prävention und Therapie“, das beim KVC-Verlag direkt bezogen werden kann. Die offizielle Lehrmeinung zum Thema lautet ja, dass Demenz nicht viel mit Lebensstil und Verhalten zu tun hat und daher auch nur als Schicksal erlitten werden kann. Im Normalfall wartet man auf den Durchbruch, damit man mit einer magischen Pille die Demenz – irgendwann, in ferner Zukunft – behandeln kann. Dieser Haltung sind wir in diesem Buch entgegengetreten und zeigen auf, welche Möglichkeiten es gibt – und warum Demenz eben doch viel mit Lebensstil zu tun hat.

Nun belegt eine neue retrospektive Kohortenstudie, die im JAMA, dem Journal of the American Medical Association erschienen und frei zugänglich ist, mit Zahlen, dass ein Zusammenhang mit dem Lebensstil tatsächlich zu erkennen ist. [1]

Weiterlesen

5G–Ausbau? Mobilfunk? WLAN überall? – Unbequeme Daten und Gedanken

Wer heute etwas gegen den Ausbau des Mobilfunks, vor allem gegen die nächste Generation, 5G, sagt oder schreibt, macht sich nicht gerade strafbar, aber fast. Auf jeden Fall macht er sich verdächtig zu den ewig Gestrigen zu gehören, zu den Wohlstands- und Fortschrittsverweigerern und Angstmachern. Daher melden sich auch nur wenige zu Wort. Ich tue das trotzdem, auch wenn ich weder ein Wohlstand- noch Fortschrittsverweigerer bin und auch wenig Angst habe. Aber ich finde, es ist die Pflicht eines Menschen, der die Datenlage auch nur annähernd kennt, ein kritisches Wort zu dieser Situation zu sagen. Daher sage ich vorneweg was ich von diesem Ausbau des Mobilfunknetzes halte. Weiter unten dann die Gründe.

Ich finde diesen Ausbau insgesamt gefährlich. Er sollte gestoppt werden und nicht ohne eine sehr gründliche Risikoabwägung und sorgfältige Forschung vorangetrieben werden. Deshalb habe ich auch die entsprechende Resolution unterzeichnet. Ich halte die schleichende Verstrahlung unserer Umwelt mit elektromagnetischen Feldern im Mikrowellenbereich für eine der größten Bedrohungen der allgemeinen Gesundheit und langfristig auch unseres Wohlstandes.

Vermutlich ist die Gefahr, die davon ausgeht, um Hausnummern größer als die Gefahr, die vom Rauchen ausgeht, auch wenn wir das im Moment nicht so wahrnehmen. Denn elektromagnetische Strahlung stinkt nicht. Und wir spüren keine unmittelbaren Effekte. Dafür bringt sie uns viele Annehmlichkeiten. Von der Navigation in fremden Städten, zu der Möglichkeit rascher Kommunikation, bis hin zur Verfügungsgewalt über die unendlichen Informationen im Internet. Dass wir damit in Zukunft unseren Rasenmäher einschalten können, noch bevor wir nach Haus kommen und dafür sorgen können, dass uns dampfender Kaffee oder eine gebackene Pizza justament zu dem Zeitpunkt erwartet, wenn wir die Haustür aufschließen, gehört zu den Verlockungsbildern der Politik und Industrie, die uns diese Wirklichkeit schmackhaft machen wollen.

Warum also die Aufregung und die Unkenrufe?

Hier sind nun ein paar Fakten und Gründe:

Weiterlesen

Der Signifikanz-Mythos bröckelt…

Vor Jahren traf ich mal den Altmeister der psychologischen Methodologie, den Harvard Psychologen Robert Rosenthal auf einem kleinen Symposion. Er pflegte zu sagen „Surely, God loves p = .06 as he loves p = .05.” Er wies damit auf die willkürliche, ja fast unsinnige Fixierung fast aller Wissenschaftstätigkeiten der quantitativen Wissenschaften, vor allem der Verhaltenswissenschaften und der Bio-Wissenschaften, auf ein konventionell festgelegtes Signifikanz-Niveau hin und predigte schon seit langer Zeit in seinen Beiträgen, dass sich die Wissenschaft viel stärker an anderen Kenngrößen, wie etwa Effektstärken, Konvergenz von Befunden und methodischer Güte von Studien orientieren sollte als an statistischen Signifikanz-Werten [1].


„Surely, God loves p = .06 as he loves p = .05.”


Robert Rosenthal

Dass nun aber das Flaggschiff-Journal der Naturwissenschaften einen Aufruf bringt, die Signifikanz-Testerei zum alten Eisen zu legen, das kommt einer kleinen Revolution gleich [2]. Denn hier sprechen nicht die ohnedies oft nicht für ganz voll genommenen Verhaltens- oder Sozialwissenschaftler, sondern die Naturwissenschaftler aus dem Kern des Geschäftes: Valentin Amrhein ist Zoologe an der Uni Basel, die anderen beiden Autoren sind Statistiker. Als sie ihre Gedanken formuliert hatten, hatten sich innerhalb einer Woche 800 Wissenschaftler als Unterstützer des Aufrufs gefunden und kein geringeres Organ als Nature publizierte ihn.

Weiterlesen

In Praise of Political Incorrectness

Our Political Correctness Culture is as Bad as Any Tribal Taboo: Comments on Two Victims of PC – Peter C. Gøtzsche and Dieter Schönecker

I wrote in English for a change, as my topic addresses an international audience. Those who do not understand English well enough may be interested in a German abstract.

Political Correctness

Tribal taboos, like overstepping an imaginary boundary, eating the wrong type of food, etc. are ridiculed by us modern people. We think they are irrational and we do not need them. Wrong. We have an even worse version of taboo: political correctness (PC). The role and function of such a system of behavior can be illustrated by a nice story, which my friend and colleague Volker Sommer told me, who used to run a primate observation station in Nigeria and has produced lots of data about the behavior of free-ranging primates like bonobos, chimpanzees and gorillas [1].

He observed the behavior of two tribes of chimpanzees, living in close proximity, except they were separated by a river and thus had developed different cultural rituals that served to distinguish them from others: One of them used to poke sticks into an ant-heap and then lick the ants, while the other tribe did not do that. Licking the ants, Volker explained to me, was not particularly funny, as they exude their typical acid that burns and pricks, and for food purposes the ants were not really very useful, as the chimps had plenty of food.

Weiterlesen

Podcast: Von der Wissenschaft des Bewusstseins

Ein neuer Audio-Podcast von mir, direkt zum Anhören oder über die Website des evolve-Magazins:  31.05.2018, 50 Minuten Was zeigt sich, wenn Wissenschaft ihre Grenzbereiche nicht vermeidet, sondern sie mit einem offenen und kritischen Forschungsgeist durchdringt? Thomas Steininger spricht mit Prof. Harald Walach über eine entstehende Wissenschaft des Bewusstseins. https://www.evolve-magazin.de/radio/von-der-wissenschaft-des-bewusstseins/