Neu und alt – eine Reise nach Litauen…

…zu einem Workshop des Next Society Instituts und einige Gedanken zu neuen und alten Religionen

Das Next Society Institute

Ich war gerade für einige Tage in Litauen, in der Hauptstadt Vilnius, zu einem Treffen des Next Society Instituts an der Kazimieras Simonavičius Universität, dem ich seit einem halben Jahr angehöre. Das ist ein Think-Tank einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die neue Konzepte für verschiedene Bereiche der Gesellschaft entwickeln (Abb. 1-4). Wir planen eine Serie von jährlichen Konferenzen mit konstruktiven Modellen für die Zukunft.

Abbildung 1 – NSI-Mitglieder Lars Clausen, Augusto Sales und Miguel Pérez-Valls beim Zuhören; Skizzen Franz Hoegl

Im Gegensatz zum momentanen Trend, der alles in das Prokrustesbett einer einzigen wahren Perspektive zwängt und einer Wahrheit unterordnet, gehen wir davon aus, dass es viele Alternativen, viele Äußerungsmöglichkeiten von Kultur, Menschsein, Gesellschaft gibt, und damit auch verschiedene Zukunftsentwürfe, „Futures“ auf Englisch, also Plural, und nicht nur die totalitäre eine Zukunft, eine Wahrheit, eine Gesundheit, eine Politikform, eine Religion, eine irgendwas. Die konzeptuelle Basis ist die Theorie sozialer Systeme von Niklas Luhmann [1].

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Überleben wir den Tod?

Der Tod, das Killervirus SARS-CoV2 und unsere kollektive Angst

Vor kurzem hat der US-amerikanische Philanthrop Robert T. Bigelow, der ein eigenes Institut betreibt, die vermutlich höchste Summe ausgelobt, die für Forschung auf dem Gebiet der Grenzgebiete, wenn nicht sogar überhaupt im Wissenschaftsbetrieb, ausgelobt wurde; nur die Nobelpreise sind meines Wissens höher dotiert. Insgesamt 1,8 Millionen Dollar soll es für einen Text geben, der unwiderruflich belegt, dass der Tod nicht das absolute Ende des Bewusstseins bedeutet. Dieser Tage findet die Preisverleihung in Las Vegas, Nevada, statt.

Bigelow ist ein Raumfahrt-Unternehmer, der früher an erdfernen Habitaten für die NASA arbeitete und immer noch viele Verträge mit allen möglichen Luft- und Raumfahrtunternehmen hat und damit sein Geld verdient. Er erlebte wohl ein eigenes Bekehrungserlebnis, so ähnlich wie der Astronaut Edgar Mitchell, der bekanntlich beim Rückflug vom Mond zur Erde die Schönheit der Erde und ihr Eingebettetsein in ein kosmisches Ganzes als ein spirituelles Erlebnis beschrieben hat, das ihn veränderte. Mitchell gründete daraufhin das „Institute of Noetic Sciences” in Petaluma, Kalifornien. So ähnlich Bigelow: Er gründete sein eigenes Institut und hat sein Geld über die Jahre für die Finanzierung von Akademikern verwendet, die ungewöhnliche Pfade betreten, etwa Charlie Tart, der sich mit außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen beschäftigt.

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Kann ein Atheist beten und spirituell sein?

Der große Buddha in Kamakura, dem
Niklaus Brantschen ein Kapitel widmet.

Kann ein Atheist beten und spirituell sein? Ja, kann er (oder sie), meint Niklaus Brantschen und spricht darüber, wie es geht.

Niklaus Brantschen: Gottlos beten. Eine spirituelle Wegsuche. Ostfildern: Patmos Verlag, 128 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-8436-1335-4, 19,- € (Das Buch beim Verlag)

Ich bin schon lange der Meinung, dass wir Spiritualität säkular diskutieren müssen in unserer Zeit, auch wenn die Wurzel von Spiritualität ursprünglich in den Religionen liegt. In unserer Kultur in der christlichen Religion. Ich habe das vor Zeiten in meinem Buch „Spiritualität – Warum wir die Aufklärung weiterführen müssen“ [1] diskutiert und im August in meinem neuen Buch „Brücken zwischen Psychotherapie und Spiritualität“ [2].

Demnächst komm ein kurzes Interview von mir zum Thema „Zen und Wissenschaft“ auf dem Selbstheilungskongress (https://www.selbstheilungs-kongress.de/). Der Kongress beginnt am 26.11. und das Interview ist am 28.11. einen Tag lang kostenlos zu sehen.

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Brücken zwischen Psychotherapie und Spiritualität – mein neues Buch ist erschienen

Mein neues Buch ist jetzt erschienen. Es befasst sich mit der Verbindung zwischen Spiritualität und Psychotherapie.

Darin argumentiere ich dafür, dass Spiritualität im Bereich der Psychotherapie hilfreich sein kann, als Ressource für Therapeuten und Patienten gleichermaßen. Ich verwende auch einen Teil der begriffsarchäologischen Arbeit dafür, das Tabu, das zwischen Spiritualität und Psychotherapie bzw. Wissenschaft liegt, argumentativ zu durchbrechen. Dabei hilft die Unterscheidung zwischen: 1. Wissenschaft als nüchternem Geschäft, die Wahrheit über die Welt und ihre Zusammenhänge herauszufinden und 2. Wissenschaft als Weltanschauung oder Religion. Diese neumodische Weltanschauung, die sich unter verschiedenen Begriffen wie „Naturalismus“, „naturwissenschaftliche Weltanschauung“, „Materialismus“, „neuer Atheismus“ allgemein verbreitet hat, ohne dass ihr religiöser Charakter offensichtlich ist, verorte ich – mit ihren Auslegern – als Religion.

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Der lange Schatten von Treblinka

Treblinka

Vor zwei Wochen war ich in Nordostpolen auf einer kleinen Konferenz eingeladen, in Łomża, einer Stadt etwa 150 km nordöstlich von Warschau. Eine kleine Gruppe von Linguisten, die den Zusammenhang zwischen Sprache, Umwelt und Natur untersuchen, haben mich zu einem Vortrag über ein holistisches Paradigma in der Wissenschaft eingeladen. Ich nützte die Zeit und nahm mir zwei freie Tage. Einen davon verwendete ich darauf, um nach Treblinka zu fahren. Das ist jener Ort in Nordostpolen, an dem sich eines der drei großen Vernichtungslager der Nazis befand, das am weitesten östlich und nördlich gelegene. Treblinka ist nur etwa 80 km südlich von Łomża. Und so fuhr ich also nach Treblinka.

Treblinka ist gut versteckt und schlecht ausgeschildert. Zunächst kommt man an einen Bahnhof bzw. an die Gedenkstätte des Bahnhofs.

Abbildung 1 – Gedenkstätte Bahnstation Treblinka

Man sieht im Hintergrund des Bildes die stilisierten Bahnschwellen. Sie symbolisieren das Gleis, das einmal hier durchkam. Alles ist nämlich verschwunden. Dem Erdboden gleichgemacht. Ausradiert aus dem materiellen Gedächtnis der Natur und dem Gesichtsfeld der Nachwelt entzogen. Meinten die Nazis. Meinen viele heute.

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