Ich hatte schon öfter darauf hingewiesen, dass die wilde CoV2-Testerei quer durch die Republik falsche Daten erzeugt und dass der PCR-Test wenig über Krankheit und über das Risiko aussagt, ernsthafte Symptome einer Covid-19 Erkrankung zu bekommen. Das hat offenbar mittlerweile auch das RKI erkannt und verkündet eine veränderte Strategie: Gesunde und Symptomlose sollen nicht mehr getestet werden. Das haben Kritiker der offiziellen RKI Strategie übrigens von Anfang an gefordert und sind dafür ausgelacht worden. Man wolle die Ressourcen des Systems schonen, sagt das RKI. Nun, mit welcher Begründung eine unsinnige Strategie beendet wird, ist egal.
Das Grippe-Sentinel
Der Punkt ist: Eigentlich hätte das RKI gute andere Daten zur Verfügung, die es auch immer schön publiziert, nur weiß es kaum jemand. Das RKI hat nämlich seit Jahren ein sog. Sentinel-System von Allgemeinarztpraxen in der ganzen Republik aufgebaut, um den Verlauf vor allem der Grippe zu beobachten. Daher heißt das System „Grippe-Sentinel“ (von engl. „sentinel“ für „Wachposten“). Etwa 1% aller Allgemeinarztpraxen in Deutschland nehmen an diesem System teil.
Wenn ein Patient mit Atemwegs- oder grippe-ähnlichen Symptomen kommt, wird eine Probe an ein Referenzlabor gesandt, das mit anerkanntem Standard eine richtige virologische Untersuchung durchführt. Das sind dann also richtig symptomatische Menschen, die wegen ihrer Symptome zum Arzt gehen. Seit der Kalenderwoche 11 werden in diesem System auch die SARS-CoV2 Kranken erfasst (wer sich dafür interessiert: hier findet man jeweils die aktuellen Berichte, meistens über die letzten Wochen zusammengefasst, und hier sind dann die des letzten Jahres.)
Da dies ein repräsentatives Bild der Krankheitsentwicklung zeigt, kann man an diesen Daten den Verlauf symptomatischer Fälle in der Republik relativ gut erkennen. In Abbildung 1 sind die Daten. Gezeigt werden die Prozent positiver SARS-CoV2 Fälle in den Sentinel-Praxen, und zwar gerechnet als Anzahl der positiven Fälle geteilt durch die Anzahl aller durchgeführten SARS-CoV2 Tests (ob diese Tests ebenfalls PCR Tests sind oder andere, aufwändigere, ist aus der Darstellung nicht ersichtlich, wäre aber interessant zu wissen). Diese Kurve ist rot. Die bekannte Kurve der prozentstandardisierten Fälle aufgrund der PCR-Untersuchungen in der ganzen Republik (blau) ist danebengelegt.
Wir sehen: Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen dem Prozentsatz der Fälle, die in der Breite mit PCR getestet positiv sind (blaue Kurve) und dem Prozentsatz der klinischen Fälle in den Sentinel-Praxen, die symptomatisch und SARS-CoV2 positiv sind. Das waren selbst zu Spitzenzeiten im März und April nie mehr als 3% und sind derzeit irgendwas zwischen 6% (KW 41) und 0% (KW42 &43), um in der Woche 45 wieder auf 4% gestiegen zu sein. Zwischen der KW 16 und 38 waren es immer exakt 0%. Im Durchschnitt waren es 0,87%. Dabei muss man wissen: Rhino-Viren und andere Viren sind durchaus bei etwa 55% der Patienten in den Sentinel-Praxen anzutreffen und SARS-CoV2 macht einen sehr kleinen Prozentsatz aller positiven Proben aus.
Sieht so der Durchmarsch eines Killervirus, der höchst gefährlich und höchst ansteckend ist, in der Bevölkerung aus? Nochmals: diejenigen, die krank werden, werden oft schwer krank und Alte und Multimorbide gehören geschützt. Aber der wirksamste Schutz ist nicht, den gesunden Teil der Bevölkerung von einer Infektion fernzuhalten, sondern genau bei diesem gesunden Teil der Bevölkerung eine Kontaktaufnahme mit dem Virus zuzulassen, wie das Wolf Bertling und Stefan Rohmer dargestellt haben. Wenn diese niedrige Inzidenz auf die Wirksamkeit von „Maßnahmen“ zurückzuführen wäre, dann müssten diese die Ansteckung mit Rhino-Viren und anderen Viren auch unterbinden. Sie sind aber offenbar nicht wirksam, sonst würde nicht der Anteil der Rhinoviren zwischen 70% und 50% positiv Getesteter in den Sentinel-Praxen relativ stabil bleiben – und zwar schon seit längerem.
Hier nun wieder eine Aktualisierung meiner bekannten Grafiken:
Abbildung 2 zeigt die Anzahl der Testungen absolut (blau, Skala an der linken y-Achse) und die Prozent der positiven Fälle (rot, Skala an der rechten y-Achse); dieser Prozentsatz ist der gleiche wie der in Abbildung 1 blau gezeigte.
Wir sehen einen deutlichen Anstieg der prozentual positiv Getesteten, der nicht auf einen Anstieg der Testungen zurückzuführen ist, weil diese in der letzten Zeit nicht weiter gestiegen sind. Die Anzahl der prozentual positiv Getesteten ist nicht identisch mit klinisch Kranken, wie wir aus Abbildung 1 und der repräsentativen Sentineluntersuchung gesehen haben. Ich habe immer noch nicht erfahren, dass es irgend eine Studie gäbe, die untersucht hätte, wie viele der PCR-positiv Getesteten klinisch krank werden.
Ist diese Entwicklung Besorgnis erregend? Ich glaube nicht. Denn was ich in meinem letzten Blog schon gezeigt habe: Die Entwicklung der PCR-Positiven spiegelt sich weder in den Hospitalisierungen noch in den Todesfällen, wenn man diese prozentual an die Fälle bindet – wie es sinnvoll ist, um zu sehen, ob die Kurven zusammenhängen. Ich war selber sehr gespannt, weil ja die RKI-Daten immer ein bisschen hinterherhinken. Daher habe ich jetzt, als die Daten der 45.Woche gerade publiziert wurden, meine Datenbank aktualisiert und die neuen RKI-Daten eingetragen. Man bemerkt dabei übrigens, das nur am Rande, dass das RKI die Anzahl der Verstorbenen sogar bis zu 10 Wochen nach hinten laufend korrigiert. Meistens werden es ein bisschen mehr, manchmal auch ein bisschen weniger. Wie das wohl zu verstehen ist? Der Effekt ist nicht drastisch, aber um korrekt zu sein, habe ich die Daten nachgetragen. Es ändert wenig an der allgemeinen Tendenz, wie wir aus den nächsten Abbildungen sehen können.
Abbildung 3 gibt die Anzahl der positiv Getesteten (absolut, blau, linke Skala) und den Prozentsatz der Hospitalisierten (rot, prozentual, rechte Skala) an und zwar bis jetzt, Kalenderwoche 45.
Wir sehen: Der Prozentsatz der Hospitalisierten fällt stetig ab. Das kann übrigens der Fall sein, obwohl die absolute Zahl der Hospitalisierten – wie zur Zeit – leicht steigt. Denn die Zahl der Hospitalisierten ist von 785 in der Kalenderwoche 40 auf 4.114 in der letzten Woche und auf 3.623 in der KW 45 gestiegen. Der springende Punkt ist, dass diese Entwicklung offensichtlich von der Anzahl der positiv Getesteten entkoppelt ist. Die Anzahl der positiven Tests sagt also wenig über die klinische Belastung unseres Systems aus, obwohl dies immer wieder behauptet wird. Sie sagt etwas darüber aus, bei wievielen Menschen mit einem hypersensiblen und nicht validierten Test Genschnipsel des Virus gefunden wurden, und nicht mehr. Dass dieses Testergebnis irrelevant für Entscheidungen bezüglich des öffentlichen Gesundheitswesens sein sollte, sieht man eben genau an dieser Grafik in Abbildung 3: Die Anzahl der positiven Tests ist nicht mit dem Prozentsatz der Fälle, die ins Krankenhaus kommt, gekoppelt. Daher sollten wir schleunigst aufhören, der Anzahl der PCR-positiven Fälle irgendeine tiefere Bedeutung beizumessen außer allenfalls dem eines Barometers, das in etwa einen Trend anzeigt.
Ist die Anzahl der Hospitalisierten Grund zu Besorgnis? Dazu wieder die mittlerweile bekannten Grafik, die die drei Datenbewegungen zusammenfasst: die Positivenquote (grün, % der PCR-positiv Getesteten), den Prozentsatz aller positiv Getesteter, die im Krankenhaus sind (blau) und der Prozentsatz aller positiv Getesteter, die verstorben sind (rot).
Ich muss gestehen, ich war neugierig zu sehen, ob sich die Tendenz, die ich vor 3 Wochen gesehen und beschrieben habe, fortsetzen wird, dass sich nämlich die gestiegene Anzahl der PCR-positiv getesteten Fälle nicht in Hospitalisierungen und Sterbefällen spiegelt. Denn das wäre ja anhand der allgemeinen Rhetorik und Aufregung zu erwarten. Es ist aber nicht der Fall. Die Kurven sind weiter entkoppelt.
Das heißt nicht, dass wir keine Patienten in Krankenhäusern haben, und für manche Entscheidungen ist es wichtig, die absoluten Zahlen zu kennen und zu verwenden. Da diese absoluten Zahlen sowieso bald an jeder Plakat- und Fernsehwand zu sehen sind, brauche ich sie nicht auch noch kolportieren. Aber was eben nicht an jeder Hauswand und auf jedem Fernsehschirm zu sehen ist, ist genau das, was ich hier zeige: die Entwicklungen sind entkoppelt. Die Anzahl der positiven Fälle spiegelt sich nicht in den Fällen, die ins Krankenhaus kommen oder sterben.
Das ist kein Taschenspielertrick, falls manche den Verdacht haben, sondern eine visuelle graphische Analyse der Verläufe. Wenn nämlich die Verläufe gekoppelt wären, wie das in den Kalenderwochen 12 bis 18 deutlich sichtbar ist, dann könnten wir davon ausgehen, dass eine gesteigerte Fallzahl auch eine gesteigerte Zahl von Kranken in den Krankenhäusern, also auch eine gesteigerte Belegung der Intensivbetten und eine gesteigerte Zahl von Todesfällen nach sich ziehen würde. Genau das tut es offensichtlich nicht. Und das ist, ich wiederhole, eine sehr gute Nachricht, die man weit verbreiten müsste, anstatt der dauernden Panikbotschaft.
Wie lässt sich das erklären? Ich sagte schon in meinem letzten Blog: vermutlich damit, dass die jetzt positiv Getesteten im Durchschnitt eher die jüngeren und robusteren Menschen sind.
Die „Maßnahmen“ – Maskentragen, Land abriegeln und Co. – können dafür kaum verantwortlich sein. Denn sonst würden wir einen Rückgang der Infektionen insgesamt sehen, was in den Daten der Sentinel-Praxen nicht sichtbar ist. Eher ist es, wie bereits letztes Mal erläutert und von Bertling und Rohmer in ihrem Gastblog erklärt, die Immunität, vor allem die Kreuzimmunität gegen andere Corona-Viren und die natürliche Immunität. Die gälte es besser zu beobachten und ernst zu nehmen.
Wenn man ein Land wie Schweden nimmt, das wesentlich liberaler mit der Situation verfahren ist, dann sehen wir, dass die Wahrheit vermutlich in der Mitte liegt: Die Fallzahlen und Todesraten sind dort höher, aber lange nicht so eklatant, wie man aufgrund der allgemeinen Panikstimmung erwarten würde.
Wir haben 896 Fälle auf 100.000 Menschen in Deutschland und in Schweden 1693 Fälle auf 100.000 Einwohner, 15 Tote auf 100.000 Bevölkerung in Deutschland 60,47 Tote auf 100.000 Bevölkerung in Schweden bis jetzt (lt. Worldometers Datenbank). Das heißt, dass in Schweden viermal so viele Menschen gestorben sind, hochgerechnet auf die Bevölkerungszahl, als in Deutschland. Warum? Das wird nicht leicht zu beantworten sein. Ein Faktor ist sicher die generell niedrigere Mortalität in Schweden, was dazu führt, dass eine höhere Zahl Hochbetagter dort lebt, die leichter einer neuen Infektion zum Opfer fallen können. Ein anderer Faktor mag die von Bertling und Rohmer erwähnte Versorgungsstruktur sein. Und vermutlich hat eine stärkere Abschirmung bei uns zu einem besseren Schutz für Gefährdete geführt.
Jetzt ist die Situation auch in Schweden ähnlich wie bei uns. Es gibt eine rasant steigende Zahl der Fälle, aber die Anzahl der Krankenhausbelegungen und der Todesfälle ist relativ niedrig (rechtes oberes Panel Fälle, darunter Intensivbettenbelegung, darunter Todesfälle), vielleicht sogar niedriger als bei uns. Das bestätigt eigentlich, was ich immer wieder sage: Wir werden dieses Virus nicht aufhalten können. Wir können nur unsere Immunität stärken und die Schwachen schützen. Zu glauben, wir könnten es durch irgendwelche Maßnahmen eindämmen scheint mir blauäugig. Es wird, über kurz oder lang, diejenigen befallen, die dafür empfänglich sind, alle anderen werden kaum etwas merken, auch wenn sie davon befallen werden. Wenn wir versuchen zu verhindern, dass es sich verbreitet, dann verzögern wir den Prozess. Es wird interessant sein zu sehen, was in Schweden passiert. Vermutlich wird es keinen eklatanten Anstieg von klinischen Fällen mehr geben, jedenfalls nicht mehr, als im Rahmen einer winterlichen Infektionswelle zu erwarten ist.
Das Immunsystem stärken
In der Zwischenzeit häufen sich die Meldungen, dass möglicherweise ein Vitamin-D-Defizit zu Empfindlichkeit gegenüber Infektionen beiträgt. Für Menschen, die im Rahmen der Komplementärmedizin tätig sind, ist das alles andere als eine Neuigkeit, aber es lohnt sich, das nochmals zu wiederholen. Vitamin D, das Hormon, das vom Körper gebildet wird, wenn wir unsere Haut einer UV-Bestrahlung aussetzen, ist nicht nur wichtig zum Aufbau der Knochen. Es hat auch multiple hormonelle und immunologische Funktionen im Organismus. In der Regel sind wir in Europa, vor allem seiner Nordhälfte, unterversorgt [1, 2]. Daher ist es sinnvoll, vor allem im Winter, Vitamin D zu substituieren. Manche empfehlen bis zu 4.000 internationale Einheiten (IE), gerade angesichts der Bedrohung durch Infektionen.
In diesem Kontext interessant ist eine Meldung aus der Schweiz, die vom Swiss Policy Research Blog (SWPRS) verbreitet und als „Wunder von Elgg“ bekannt wurde. Im Schweizerischen Elgg kam es in einem Heim im September zu einer Coronawelle mit 56 Infizierten, darunter 25 Hochbetagte. Aber es kam weder zu Hospitalisierungen, noch zu Todesfällen. Die Bewohner erhielten pro Tag 800 IE Vitamin D, was die Ärzte als einen Grund für die Robustheit ansehen, mit denen die Altenheimbewohner den Infektionen trotzten. Falsch positive Fälle könnten natürlich auch eine Rolle spielen genauer gesagt die bereits bekannte Tatsache, dass positive Tests wenig über den klinischen Verlauf aussagen.
Mich bestätigen die momentanen Daten in meiner Einschätzung, dass es weniger Grund zur Aufregung gibt, als suggeriert wird. Die jetzt positiv Getesteten sind höchstwahrscheinlich robustere Menschen. Denn der Prozentsatz derer, die positiv getestet und hospitalisiert oder verstorben sind, sinkt weiter. Es wäre wirklich nötig, dass wir unsere Aufmerksamkeit erstens darauf richten, dass wir endlich erfahren, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein positiv Getesteter krank wird. Das wissen wir nämlich nicht. Und dass wir untersuchen, welche Faktoren zur natürlichen Immunität beitragen. Auch das wissen wir zu wenig. Vitamin D ist sicher nur ein Faktor unter vielen.
Quellen
- Lips P, Cashman KD, Lamberg-Allardt C, Bischoff-Ferrari HA, Obermayer-Pietsch B, Bianchi ML, et al. Current vitamin D status in European and Middle East countries and strategies to prevent vitamin D deficiency: a position statement of the European Calcified Tissue Society. European Journal of Endocrinology. 2019;180(4):P23-P54. doi: 10.1530/EJE-18-0736.
- Holick MF. Vitam D deficiency. New England Journal of Medicine. 2007;357:266-81.