Neu und alt – eine Reise nach Litauen…

…zu einem Workshop des Next Society Instituts und einige Gedanken zu neuen und alten Religionen

Das Next Society Institute

Ich war gerade für einige Tage in Litauen, in der Hauptstadt Vilnius, zu einem Treffen des Next Society Instituts an der Kazimieras Simonavičius Universität, dem ich seit einem halben Jahr angehöre. Das ist ein Think-Tank einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die neue Konzepte für verschiedene Bereiche der Gesellschaft entwickeln (Abb. 1-4). Wir planen eine Serie von jährlichen Konferenzen mit konstruktiven Modellen für die Zukunft.

Abbildung 1 – NSI-Mitglieder Lars Clausen, Augusto Sales und Miguel Pérez-Valls beim Zuhören; Skizzen Franz Hoegl

Im Gegensatz zum momentanen Trend, der alles in das Prokrustesbett einer einzigen wahren Perspektive zwängt und einer Wahrheit unterordnet, gehen wir davon aus, dass es viele Alternativen, viele Äußerungsmöglichkeiten von Kultur, Menschsein, Gesellschaft gibt, und damit auch verschiedene Zukunftsentwürfe, „Futures“ auf Englisch, also Plural, und nicht nur die totalitäre eine Zukunft, eine Wahrheit, eine Gesundheit, eine Politikform, eine Religion, eine irgendwas. Die konzeptuelle Basis ist die Theorie sozialer Systeme von Niklas Luhmann [1].

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Kein Beifall aus der Mitte

Das neue Buch #alles dicht machen – 53 Videos und eine gestörte Gesellschaft, herausgegeben von Michael Meyen, Carsten Gansel, Daria Gordeeva, Berlin: Oval Media, 428 S., 24 €; ISBN 978-3-949559-07-5

Ich habe Angst vor Beifall aus der Mitte – ich will keine Preise und wenn etablierte Kreise sagen, das, was ich mache, sei gut, dann mache ich was falsch.

Das war schon immer mein implizites Arbeitsmotto, seit ich ca. 1980, also zwei Jahre, nachdem ich zu studieren begonnen habe, verstand, dass fast alle Reform, fast alle Erneuerung, fast jede wichtige neue Wegweisung in der Wissenschaft wie in der Gesellschaft meist vom Rand aus geht. Das mag in Einzelfällen anders sein, aber als Maxime ist dies, finde ich, sowohl historisch als auch wissenschaftstheoretisch sehr brauchbar.

Glauben Sie nicht? Einige Beispiele.

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Denken, Political Correctness, und Nachdenken über Denken

Die Ureinwohner der Prärien Nordamerikas haben sich ursprünglich von Großwild und Büffel ernährt. Sie jagten zu Fuß, bevor das Pferd um 1500 durch die Spanier nach Amerika kam [1, 2]. Sie machten sich dabei eine Eigenschaft der Büffel zunutze: Büffel sind Herdentiere. Sie folgen dem Leittier. Wenn das einmal losläuft, rennen alle hinterher. Die Indianer, „First Nations“, hatten spezielle Plätze, wo die Prärie plötzlich über eine Klippe abbricht. Dort bauten sie zaunartige Hindernisse auf, die wie ein Trichter von der Prärie aus auf die Klippe zuliefen. Dann versetzten sie die Büffel in Panik und trieben sie auf die Hindernisse zu. Dem Leittier stürmten alle hintendrein. Das rannte los, konnte nicht mehr rechtzeitig stehenbleiben und stürzte über die Klippe, und alle stürzten hinterher ins Verderben. Unten warteten die Jäger und konnten das Fleisch der zu Tode gestürzten Büffel zerlegen, und fertig war die Jagd. Als die Indianer Pferde hatten, wendeten sie das gleiche Prinzip an, ohne Zäune, dafür mit Pferden. In Montana gibt es einen Naturpark namens „Buffalo Jump“, an dem man viele archäologische Überreste dieser Jagdtechnik fand.

Buffalo Jump: aus Alchetron, the Free Social Encyclopedia

Das was sonst für die Büffel sehr praktisch war – sie verließen sich auf die Erfahrung der Leittiere und auf die Signale der Wächter – wurde ihnen nun zum Verhängnis.

Political Correctness

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