In Memoriam Claus Fritzsche, †14.1.2014


Wir trauern um Claus Fritzsche.
Claus Fritzsche war der Begründer und Redakteur des CAM-Media-Watch-Blogs, einer Webseite, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, den Journalismus zu Themen der Komplementärmedizin kritisch zu begleiten. Manchmal tat er dies, indem er Fachleute auf seinem Blog zu Wort kommen ließ, die verkürzte Darstellungen in den Medien korrigieren konnten. Manchmal tat er es selber, indem er sorgfältig recherchierte Artikel verfasste, deren inhaltliche Korrektheit er durch Mitglieder seines wissenschaftlichen Beirats absicherte.

Durch seine Arbeit hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass der Journalismus zu Themen der Komplementärmedizin sorgfältiger wurde und besser recherchiert.

Ich weiß aus Gesprächen mit ihm, dass ihm vor allem an der Ausgewogenheit lag. Nicht selten hat er mir in meinen eigenen Texten unvorsichtige Formulierungen angekreidet oder auf nötigen Belegen für Behauptungen bestanden. Diese unparteiische Sicht, bei aller Partei, die er sicherlich war, haben mich beeindruckt und mir Respekt abgerungen. Er war der Einzige, der sich journalistisch in dem Bereich bewegte, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ein kritisches Auge auf Journalisten zu werfen, die er für voreingenommen und schlecht informiert hielt.

Warum tat er das, werden manche fragen? Er hat über seine Motive öffentlich geschwiegen.

Ich hatte ganz zu Anfang unserer Zusammenarbeit ein langes Gespräch mit ihm zu diesem Thema. Er sagte mir, dass er, nach einer langen Karriere in der IT- und Technik-Branche, ausgepumpt und seelisch am Ende gewesen sei und durch eine ganzheitliche Behandlung wieder Lebensqualität gefunden habe, die ihm alle zuvor konsultierten Ärzte nicht hatten geben können. Das habe ihn dazu bewogen, in diesem Bereich eine neue Aufgabe zu suchen. Er hat sich als Autodidakt in den Journalismus begeben. Mit seinem klugen Verstand und seiner raschen Auffassungsgabe ist ihm das auf jeden Fall so gut gelungen, dass seine Recherchen solide waren und seine Artikel Resonanz erzeugten, auch und gerade bei denen, die anderer Meinung waren.

Er hatte daher unter Attacken zu leiden: manche Blogs und illegale Webseiten, von denen Journalisten mit zweifelhafter Integrität immer noch gerne zitieren, machten ihn zum Lieblingsfeind; er wurde auf Wikipedia-ähnlichen Schmähseiten diffamiert. Es wird wirtschaftlich für ihn nicht leicht gewesen sein. Daher war er glücklich, als er für sein Konzept Sponsoring von naturheilkundlichen Pharmaherstellern eingeworben hatte, die an einer ausgewogenen Berichterstattung interessiert waren. Denn das hätte ihm, wäre es dabei geblieben, ein Auskommen bereitet.

Die Situation änderte sich durch einen Zeitungsartikel, der diesen Firmen vorwarf, schlechten und tendenziösen Journalismus zu unterstützen, um ihre wirtschaftlichen Interessen zu sichern. Einige der Sponsoren zogen sich von Fritzsche zurück. Was Claus Fritzsche besonders getroffen hatte, das weiß ich aus einem Telefonat mit ihm, war dass in dem Artikel Teile einer privaten Email im Wortlaut verwendet wurden. Es ist unklar, auf welchem Weg diese Email in die Hände der Presse gelangt ist. Verstörend ist das wegen des Vorgangs an sich, nicht weil der Inhalt jener Mail sonderlich brisant gewesen wäre.

Ein Suizid ist natürlich fast nie auf ein einziges Ereignis zurückführbar. Meistens leiden Menschen, die sich selber das Leben nehmen, über lange Zeit unter den vielfältigsten Einflüssen. Und manchmal kann dann ein unscheinbares und für sich genommen relativ belanglos erscheinendes Ereignis das Fass zum Überlaufen bringen. So wohl auch hier.

Die öffentlichen Angriffe waren ein letzter Tropfen zu viel in das bereits ziemlich volle Fass eines hochsensiblen und seit geraumer Zeit melancholischen Menschen. Seine wirtschaftliche Basis war schwach, seine Schulden nahmen zu, eine Perspektive war nicht in Sicht. Ein anderer hätte sich vielleicht eine andere Aufgabe gesucht. Claus Fritzsche nahm sich am 14.1.2014 das Leben.